Osteopathie
Osteopathie – sanfte Medizin mit den Händen
Die Osteopathie – als eine noch verhältnismäßig junge Medizin in Deutschland – ist eine
ganzheitliche und manuelle Medizin, die der Diagnose und Behandlung von Funktionsstörungen dient.
Diagnose und Therapie erfolgen mit spezifischen osteopathischen Techniken, die mit den Händen ausgeführt werden.
Osteopathen machen sich mit ihren einfühlsamen Händen auf die Suche nach den Ursachen von Beschwerden. Und da gibt es oft erstaunliche Ergebnisse: so kann zum Beispiel ein in der Vergangenheit umgeknickter Knöchel die Ursache für akute Rücken- oder Kopfschmerzen sein.
Geschichtlicher Hintergrund
Vor über 120 Jahren begründete der amerikanische Arzt Dr. Andrew Taylor Still (1828 – 1917) diese ganzheitliche Heilmethode.
In jener Zeit entwickelte sich die Schulmedizin zwar rasch weiter, war aber geprägt
von reiner Symptombehandlung und immer stärkeren Spezialisierungen. Still
suchte nach einem neuen Verständnis von Gesundheit und Krankheit, nach einer
Behandlungsmethode, die ohne Medikamente und Chirurgie auskommt. Zu Beginn
seiner Forschungen stand das Studium der Knochen und daher leitet sich auch
der Name Osteopathie ab, das so viel heißt wie „Knochenleiden” (osteon =
Knochen und pathos = Leiden)
Bei uns in Deutschland erfreut sich die Osteopathie – als vergleichsweise neue Medizin – zunehmender Beliebtheit, in den Vereinigten Staaten dagegen ist sie bereits seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Medizin.
Philosophie der Osteopathie
„Gesundheit zu finden sollte das Ziel des Osteopathen sein. Krankheit kann jeder finden.”, dieser Meinung war
Dr. Still. Osteopathen verstehen Gesundheit als Gleichgewicht aller Systeme
des Organismus. Ziel der Osteopathie ist, dieses Gleichgewicht zu bewahren
(Prophylaxe) oder wiederherzustellen (Therapie). Jede erfolgreiche Behandlung
muss daher den ganzen Menschen mit all seinen Bedürfnissen berücksichtigen:
die körperlichen, die emotionalen und die psychisch–spirituellen.
Den Ursachen auf der Spur
Nicht die Symptome einer Krankheit stehen im Mittelpunkt der osteopathischen Behandlung,
vielmehr sucht der Therapuet nach den zugrundeliegenden Ursachen und deren
Einordnung in das Körpergesamtsyystem. Dabei interessiert er sich nicht
nur für die Frage, warum eine Krankheit ausgebrochen ist, sondern auch für
den Grund, was den Körper bisher daran gehindert hat, wieder gesund zu werden.
Um diese Fragen beantworten zu können, ist eine ausführliche Anamnese erforderlich
– auch in Zusammenarbeit mit der Schulmedizin –, die Beobachtung des Körpers
und die manuelle Untersuchung, bei der der Osteopath mit seinen Händen Körperstrukturen
wie Organe, Muskeln und Gelenke ertastet.
Die drei Prinzipien der Osteopathie
- Der Mensch ist eine Einheit.
- Der Körper verfügt über Selbstheilungskräfte.
- Struktur und Funktion stehen in Zusammenhang.
Auf diesen drei Grundprinzipien entwickelte Still die Basis der Osteopathie. Er erkannte, dass alle
Bestandteile des menschlichen Körpers miteinander in Zusammenhang stehen. Störungen
in der Struktur der Muskeln, Gelenke und Bänder können zu einer verminderten
Funktionsfähigkeit der Organe führen und umgekehrt. Der Osteopath spürt
diese strukturellen Beeinträchtigungen auf und versucht, sie zu lösen. Wenn
ihm dies gelingt, normalisieren sich die funktionellen Abläufe wieder und
die Selbstheilungskräfte werden mobilisiert.
Drei große Systeme des Körpers
Osteopathen
unterscheiden drei große Systeme des menschlichen Körpers und dementsprechend
drei Hauptbereiche der Ostheopathie:
- Die parietale Osteopathie: Behandlung des Bewegungsapparates
- Die viszerale Osteopathie: Behandlung der inneren Organe und
- Die kraniosakrale Osteopathie: Behandlung des Schädels,
des zentralen und peripheren Nervensystems mit Gehirn, Rückenmark und
Nerven.
Die
parietale Osteopathie ist der älteste Bereich und die Basis, aus der sich
die heutige Osteopathie entwickelt hat. Dabei werden Muskeln, Knochen, Gelenke
und Faszien untersucht und Störungen wie Gelenkblockaden oder Verspannungen
sanft gelöst. Faszien, zähe Häute aus Bindegewebe, hüllen alle Körperbestandteile
wie Muskeln, Knochen und Organe ein und verbinden sie miteinander wie eine
Art Netz, das den Körper zusammen hält.
Die
viszerale Osteopathie behandelt die inneren Organe, Blut- und Lymphgefäße
sowie einen Teil des Nervensystems. Durch die osteopathische Behandlung
soll die Eigenbeweglichkeit und der Rhythmus der Organe harmonisiert sowie
die Blutversorgung als auch der Lymphfluss normalisiert werden.
Dr.
William Garner Sutherland, ein Schüler von Dr. Still, entwickelte die kraniosakrale
Osteopathie. Am Kopf oder an anderen Körperstellen ertastet der Osteopath
den kraniosakralen Rhythmus. Unregelmäßigkeiten im Bewegungsfluss weisen
auf mögliche Organstörungen hin. Sanft unterstützt er die betroffenen Körperstrukturen
durch gezielte Techniken, zu ihrer natürlichen Beweglichkeit zurückzufinden.
Anwendungsgebiete:
- Im Bereich des Bewegungsapparates bei Gelenkproblemen, Beschwerden wie Hexenschuss, Ischias, nach Schleudertraumen, Verstauchungen und anderen Verletzungsfolgen.
- Im internistischen Bereich bei Verdauungsstörungen,
Sodbrennen, Organsenkungen, Operationsfolgen wie Narben und Verwachsungen,
bei funktionellen Herzbeschwerden usw.
- Im Kopf-Hals-Nasen-Ohren-Bereich bei Kopfschmerzen
und Migräne, bei Nasennebenhöhlenentzündungen, chronischen Mittelohrentzündungen,
Schwindel, Tinnitus, begleitend zur fachärztlichen Behandlung bei Kiefergelenksproblematiken
und bissregulierenden Maßnahmen.
- Im urogenitalen Bereich bei chronischen Blasenentzündungen,
Inkontinenz, Nierenproblemen, Prostatabeschwerden.
- Im gynäkologischen Bereich bei Menstruationsbeschwerden,
in der Schwangerschaft und bei der Geburtsnachsorge, klimakterische Beschwerden,
bei Infertilität bei Vernarbungen und Verwachsungen im Bauchbereich
nach OP.
- In der Pädiatrie bei Schädel- und Gesichtsverformungen
als Geburtsfolge, Schiefhals (Kiss–Syndrom), Skoliosen, Hüftdysplasien,
Verdauungsstörungen bei Spuckkindern, bei Entwicklungsverzögerungen,
bei Lern- und Konzentrationsstörungen, bei Hyperaktivität.
Gegenanzeigen
Akute Infektionen, wie zum Beispiel bakterielle Entzündungen von Organen sollten nicht osteopathisch behandelt
werden. Hier besteht das Risiko, dass sich die Infektion im Körper noch weiter
verbreitet. Ebenso gehören Unfälle, Tumorerkrankungen, schwere Erkrankungen
oder psychische Beeinträchtigungen in die Hand eines Schulmediziners, können
aber durch eine osteopathische Therapie unterstützend begleitet werden. Wichtig
ist in jedem Fall eine ausführliche Anamnese – auch mit klinischer Diagnostik
wie Röntgenbildern oder Computertomografie.
Hier zeigt sich, dass Osteopathie und Schulmedizin sich nicht ausschließen,
vielmehr kann die Osteopathie eine sinnvolle Ergänzung zur Schulmedizin
sein.
Dauer und Kosten einer osteopathischen Behandlung
Die
Dauer einer osteopathischen Behandlung richtet sich ganz nach den Beschwerden.
Im Durchschnitt sollte eine osteopathische Behandlung jedoch mindestens 50 Minuten
dauern.
Bei der ersten Vorstellung des Patienten findet eine ausführliche Anamnese
und eine eingehende körperliche Untersuchung statt.
Nach viermaliger Behandlung sollte eine deutliche Verbesserung des Beschwerdebildes
erreicht worden sein.
Ärzte und Heilpraktiker rechnen die osteopathische
Leistung nach den eigenen berufsständischen Gebührenordnungen ab.
Für
eine osteopathische Behandlung muss mit Kosten zwischen 60 und 100 Euro
gerechnet werden.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Behandlungskosten
nicht, die Privaten Krankenversicherungen dann, wenn die osteopathische
Behandlung vom Arzt oder Heilpraktiker erbracht wurde.
Generell wird
empfohlen, vor Behandlungsbeginn die Kostenübernahme abzuklären.